Jeder, der etwas verkaufen will, kennt vermutlich die Herausforderung, die damit verbunden ist, möglichst viele Kunden für sich gewinnen zu wollen.
Vielleicht haben wir bisher eine Erfolgsquote, zwei von zehn Kunden für sich gewinnen zu können. Und wie wäre es, mit der Foot-in-the-door-Technik auf 4 oder sogar 6 von 10 zu kommen? Das wäre doch eine gute Nachricht für unsere Umsätze – oder?
Die Foot-in-the-door-Technik
Wie also können wir die Erfolgsquote erhöhen? Wie funktioniert die Technik – so ganz abstrakt?
Wir fragen nach einem ganz kleinen Gefallen. Etwas, von dem wir ahnen, dass unser Gegenüber darauf nicht Nein sagen wird. Erst wenn er dieses kleine Zugeständnis gemacht hat, kommen wir mit der wahren Bitte um die Ecke. Und die ist ja regelmäßig mehr als eine kleine Gefälligkeit!
Schauen wir in die Praxis – machen wir mal einen Kontext:
Sie haben erfolgreiche Kaltakquise gemacht und sitzen zum Erstgespräch beim Kunden. Nach ein paar netten Worten über die Leichtigkeit, zu ihm zu finden, wie verkehrsgünstig das Büro liegt oder wie sehr sein Büro von der Sonne verwöhnt wird, gehen Sie in die Bedarfsanalyse, präsentieren ihre Leistungen, behandeln die Einwände und stellen die Abschlussfrage – ihre wahre Bitte!
Sicher kommen Sie ja nicht auf die Idee, die Abschlussfrage (Ihre wahre Bitte) gleich zu Beginn zu stellen. Das ist in den Feldstudien stets die Kontrollgruppe: Sofort sein Anliegen vorzutragen! Die dann erlebten Erfolgsquoten bilden die Basis.
Feldstudien – nicht wirklich auf die Praxis anwendbar
Im obigen Kontext werden nun sehr viele Effekte wirken, die aus der Anwendung vieler verschiedener Techniken herrühren. Das ist von Sozialforschern natürlich nicht gewünscht, also konstruieren sie Szenarien, mit denen möglichst nur die eine Technik untersucht werden kann. Wenn dann in einem isolierten Szenario der Erfolg einer Technik nachgewiesen werden kann, ist es eine begründete Vermutung, dass im Zusammenspiel vieler Techniken diese sich addieren und nicht womöglich gegenseitig aufheben! Und die Foot-in-the-door-Technik hat in diversen Feldstudien nachweislich Erfolge gebracht.
Wieso funktioniert die Technik?
Bei den ersten Feldstudien in den 70er Jahren vermuteten die Forscher noch, dass die Technik deshalb so gut funktioniere, weil unser Gegenüber nach der ersten kleinen Gefälligkeit keinen Rückzieher machen wolle und deshalb der nachgeschobenen Bitte ebenfalls nachkam. Einige vermuteten, dass viele ihren Ruf nicht beschädigen wollen und deshalb nach dem Motto handeln: Wer A sagt, muss auch B sagen!
Die jüngere Forschung der letzten 20 Jahre differenzierte die Technik weiter aus: Eine interessante Studie befasste sich mit der Sozialakquise. Haben Sie sich schon einmal getraut, jemanden auf offener Straße anzusprechen und danach zu fragen, zusammen einen Kaffee zu trinken? Vermutlich nicht, denn die Erfolgswahrscheinlichkeit liegt so bei 3 von 100 Versuchen. Wenig verwunderlich – Sie haben gleich die Abschlussfrage gestellt und eben keine Technik angewandt!
Steigern lassen sich die Chancen, wenn Mann zuvor um einen kleinen Gefallen bittet, beispielsweise nach dem Weg zu einem Museum zu fragen. Obwohl die Studie aus dem Jahr 2015 und damit aus dem Smartphone-Zeitalter ist, funktioniert es augenscheinlich trotzdem! Kommt dann die Frage nach einem Kaffee, sagten 14 von 100 zu. Das ist eine Steigerung der Chancen um mehr als 350%. Die Forscher vermuteten, dass aus dem Fremden ein zumindest leicht vertraut wirkender Interaktionspartner geworden ist und damit schlägt der Mere-Exposure-Effekt zu. Der nämlich besagt, dass je häufiger uns etwas präsentiert wird, desto sympathischer erscheint es uns.
Das klingt ja dann fast danach, dass wir unsere Chancen weiter erhöhen können, wenn wir nicht nur um EINE Gefälligkeit bitten, sondern um ZWEI Gefälligkeiten und erst danach dann mit der wahren Bitte um die Ecke kommen.
Ohne auf jene Studie von Grassini, Pascual und Guéguen aus dem Jahr 2013 näher einzugehen: Dort konnte bestätigt werden, dass zwei Gefälligkeiten besser sind als nur eine Gefälligkeit!
Und können wir das vertrieblich irgendwie nutzen?
Angewandt werden die Erkenntnisse aus den Feldstudien zur Foot-in-the-door-Technik beispielsweise bei Newsletters. Tun Sie uns den Gefallen und abonnieren Sie unseren Newsletter. Damit bleiben Sie stets auf dem neusten Stand! (Hier wird die Technik der Nutzenargumentation noch draufgesattelt!). Sobald der Newsletter dann abonniert ist, finden Sie darin vielleicht einen Wettbewerb, was nichts anderes ist als die zweite Gefälligkeit. Und unausgesprochen steht da dann die wahre Bitte, nämlich dort zu kaufen.
Zurück zu unserem Praxisbeispiel
Eine erste Gefälligkeit könnte beispielsweise sein, sich erklären zu lassen, auf welchem Markt der Kunde tätig ist oder was aus seiner Sicht einen guten Vertriebler (Projektleiter, Azubi) ausmacht. Wenn der Kunde Ihnen das dann erklärt, haben Sie einen Fuß in der Tür! Und wenn der Mere-Exposure-Effekt noch verstärkt werden soll, machen Sie weitere offene Fragen. Je mehr Sie fragen, desto sympathischer werden Sie dem Kunden und desto leichter fällt es ihm dann, bei Ihnen zu kaufen.
zitierte Literatur:
Aude Grassini, Alexandre Pascual & Nicolas Guéguen (2013): The Effect of the Foot-in-the-Door Technique on Sales in a Computer-Mediated Field Setting. Communication Research Reports, 30:1, p. 63-67, DOI: 10.1080/08824096.2012.746223